Hongkong, ein ehemaliges Piratennest und Opiumhöhle des British Empire. Wir sind eingekerkert in einem winzigen Raum ohne Fenster, zwischen Taj Mahal Danceclub und Halal-Food-Produzenten.

Von Rafael

Unser Hostelzimmer liegt im fünften Stock mitten in den Eingeweiden eines drittklassigen Einkaufshauses. Um ins Gebäude zu gelangen, müssen wir uns durch Heerscharen von indischen Kampf-Verkäufern drängen, die einem alles andrehen wollen, was sich illegal herstellen lässt. Endlich der Aufzug. Die vordersten von zwei langen Warteschlangen werden von einem zwergenhaften Asiaten mit weissen Plastikhandschuhen in den Aufzug gequetscht. Wir entscheiden uns fürs Treppenhaus. Bröckelnder, düsterer Verputz an der Wand, Flüssigkeiten tropfen von der Decke, die Elektrokabel liegen blank. Es riecht nach Exkrementen, ein Schild warnt vor verstreutem Rattengift. Sollen wir das Treppengeländer berühren?

Endlich der fünfte Stock, unser Hostel. Wir betreten das Reich von Super Simon. Simon, der alles weiss und kann, ist weder Inder noch sonst was, sondern Chinese und der alleinige Betreiber des Hostels, wie er selber auf eine Tafel an der Hosteltüre geschrieben hat. Offenbar werden Reisende öfters durch indische Möchtegern-Simons in Absteigen gelockt und abgezockt.Unser Zimmer ist zwar winzig und ohne Fenster, dafür ist es blitzsauber. Zudem haben wir TV, heisses Wasser, Internet, Tücher, Haarföhn, eine Bibliothek, Trinkwasser, Früchte und 24-Stunden-Service. Wir wohnen im «Best Hongkong-Hostel» 2008 und 2009 – gemäss der Hostel-Buchungsmaschine Hostelworld.

 

Von Olivia

Hongkong ist ein Paradebeispiel für verdichtetes Bauen, sei es bei den Gebäuden, aber auch bei den Strassen. Neben den Bussen sind sogar Trams zweistöckig. Das hält die Fahrer keineswegs ab, rassig um die Kurve zu sausen, sodass sich die Fahrzeuge gefährlich zur Seite neigt. Sie entgehen nur knapp dem Kippen. Elchtest bestanden.

In der Millionenstadt Hongkong hat jeder hat seinen Platz im System. Oft sind mehrere Personen für Dinge zuständig, die bei uns meistens von nur einer Person erledigt werden. In einem Restaurant, in dem allerlei seltsame Tiere zum Verzehr angeboten wurden, hatte je eine Person eine der folgenden Aufgaben inne: Platzieren, Bestellung aufnehmen, Gedeck bringen, Tee servieren, Reis auf einem Tablett zum Tisch tragen, es aber von jemand anderem servieren lassen, Hauptgang auftischen, Rechnung überreichen, Geld einkassieren. Das funktionierte reibungslos und effizient. Auch sonst funktioniert Hongkong wie geschmiert, und das Ganze kommt uns vor wie ein Ameisenstaat.

Kontrolliert kam uns auch der Silvester vor. An Zürichs Seepromenade gewöhnt, zog es uns natürlich auch wieder an eine Wasserpromenade, genauer ans Südufer des Stadtteils Kowloon. Mit Sicht auf die imposante Skyline von Hongkong Island warteten wir auf Mitternacht und wunderten uns, warum niemand um uns herum begann, den Champagner allmählich bereitzustellen. Auch nachdem der Countdown – schön lesbar auf einem der Wolkenkratzer – vorüber war, blieb das Anstossen und Trinken aus. Keine johlenden oder gar aggressiven Leute weit und breit. Nun folgte ein Feuerwerk, das wir nicht so erwartet hatten. Nicht eine einzige Rakete, nur ein bisschen Feuerregen von einigen Wolkenkratzern herunter. Nach drei Minuten war der Spuk vorüber. Ob beim chinesischen Neujahr im Februar doch noch die Post abgehen wird? Wer weiss. Jedenfalls: Happy New Year!

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